CfP Socare Symposium „Governance und Rechte: Gesetz, Religion und Sexualität in der karibischen Literatur und Kultur“
Ort: Universität Salzburg
Organisatoren: Christopher F. Laferl, Ralph Poole, Philipp Seidel
Datum: 23. – 25. November 2017
Die Karibik zeichnet sich durch eine große politische und kulturelle Vielfalt aus, was sich nicht nur anhand der verschiedenen Sprachen, sondern auch im Hinblick auf Religionen, soziale Normen und Werte und Rechtssysteme manifestiert. Wenngleich Lateinamerika nach wie vor als katholischer Kontinent gilt, gestaltet sich in der Karibik die Situation vielschichtiger. Einerseits konkurriert die katholische mit traditionellen evangelischen Kirchen, andererseits stehen beide auch in einem gewissen Gegensatz sowohl zu (synkretistischen) afrokaribischen Religionen als auch vermehrt zu evangelikalen Pfingstkirchen. Für den Staat, die Gesellschaft, das Rechtssystem, aber auch für Kunst und Literatur stellt diese religiöse und kulturelle Gemengelage eine Herausforderung dar. Die verschiedenen Regierungsformen wie auch die Rechtssysteme der Karibik gehen zum Großteil auf unterschiedliche Traditionen der (früheren) Kolonialmächte zurück. Die (ehemaligen) britischen Gebiete folgen dem angelsächsischen Common Law, wohingegen sich die übrigen Gebiete an den europäischen Kontinentalrechten orientieren. Doch bilden diese Ordnungen nur den Rahmen, innerhalb dessen sich die Menschen im Staat bewegen. Wie das tatsächliche Zusammenleben der Einzelnen bzw. verschiedener Kollektive miteinander bzw. Einstellungen und Verhalten gegenüber dem Staat und anderen Institutionen gestaltet wird, unterliegt einem steten Verhandlungsprozess, der vielfältige Formen annehmen kann.
Vor diesem Hintergrund soll der Fokus die Nachwuchstagung der Gesellschaft für Karibikforschung (Socare) auf Fragen zum Thema Governance und Rechte liegen. Nicht allein die (in)stabilen, demokratischen oder autoritären Regierungen, sondern auch die Art und Weise des Regierens spielen eine entscheidende Rolle. Dabei kommt neben den eigentlichen politischen Akteuren, die ihre Position und ihre Handlungen rechtfertigen und Verantwortung übernehmen müssen, auch wirtschaftlichen, sozialen und religiösen Institutionen eine große Bedeutung zu, wenn es um die Gestaltung des Zusammenlebens innerhalb der Gesellschaft geht, besonders wenn die Politik keine effektiven Lösungsvorschläge anbieten kann oder der Erfolg von deren Umsetzung fragwürdig ist. Des Weiteren gilt es zu klären, wie sehr das Prinzip der Nicht-Diskriminierung, wie es seit der Aufklärung für immer mehr Identitätsbereiche auch auf supranationaler Ebene eingefordert wird, konkret von den einzelnen Staaten und in der gesellschaftlichen Praxis umgesetzt wird. Gerade bei der Einhaltung verschiedenster Nicht-Diskriminierungs-Bestimmungen können nach wie vor (oder erneut?) im Hinblick auf Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, soziale Klasse, geschlechtliche Identität und sexuelle Orientierung große Unterschiede verzeichnet werden, da sich verschiedene Identitätskategorien nicht selten im (offenen) Konflikt miteinander befinden.
Folgende Fragestellungen sollen den thematischen Rahmen der Tagung bilden:
- Wie vertragen sich moderne durch den Willen zur Selbstbestimmung gekennzeichnete Lebensentwürfe mit aktuellen Entwicklungen in den karibischen Gesellschaften? Wie manifestieren sich diese Entwicklungen in der Literatur und den verschiedenen Künsten?
- Wie werden Probleme hinsichtlich Diskriminierung, Ausgrenzung, Unterdrückung und Gewalt verhandelt, welche Lösungsansätze werden angeboten und von wem?
- Wie wird mit Sexualität in einem weiten Verständnis (vor-/außerehelicher Sex, Abtreibung, gleichgeschlechtlicher Sex, käuflicher Sex etc.) umgegangen?
- Wie begegnen Kunst- und Kulturschaffende gesellschaftlichen Minderheiten, wie gehen sie mit ihnen um, welche Positionen beziehen sie?
- Wie reagieren die unterschiedlichen Rechts- und Glaubenssysteme auf das Prinzip der diskriminierungsfreien Selbstbestimmung? Auf welchen gesellschaftlichen Ebenen wirken sie?
- Wie wirken sich Migrationsprozesse auf die Gesellschaft diesbezüglich aus?
- Welche Rolle kommt Autoren und Kunstschaffenden zu und von welchem Ort aus schreiben/sprechen/produzieren sie?
- Welche Rolle spielen hate speech und Viktimisierung in den literarischen, musikalischen und künstlerischen Produkten?
Wir laden Nachwuchsforscher aus allen Bereichen und Disziplinen der Karibik-Forschung zur Teilnahme ein. Interdisziplinäre juristische oder theologische Beiträge sind ebenfalls herzlich willkommen. Die Beiträge sollten eine Dauer von 20 Minuten nicht überschreiten.
Interessenten werden gebeten, ein halbseitiges Abstract auf Deutsch, Englisch, Spanisch oder Französisch mit einer kurzen Biobibliographie bis zum 15. März 2017 an Herrn Philipp Seidel (philipp.seidel@sbg.ac.at) zu senden. Geben Sie bitte auch an, in welcher Sprache Sie Ihren Vortrag bevorzugt halten möchten und in welchen anderen Sprachen Sie den Vortrag ebenfalls halten könnten. Die Tagungssprachen werden entsprechend der ausgewählten Beiträge festgesetzt. Die Vortragenden werden darüber rechtzeitig informiert.